Stuttgart Hauptbahnhof

Stuttgart

Der von den Architekten Bonatz und Scholer entworfene Stuttgarter Hauptbahnhof wurde von 1914 bis 1928 als Kopfbahnhof errichtet. Stilistisch ist das monumentale Bahnhofsgebäude mit dem markanten Turm dem Neoklassizismus zuzuordnen, wobei neben Anknüpfungen an die römische Antike auch Tendenzen zur Moderne erkennbar sind. Es ist der einzige Großbahnhof in diesem Baustil und ist daher als herausragendes Bau- und Industriedenkmal anzusehen, das unter Denkmalschutz steht und sogar für das UNESCO-Weltkulturerbe vorgeschlagen wurde. Dennoch wurden die seitlichen Baukörper entlang der Bahnsteighalle – der so genannte Nord- und der Schlossgartenflügel – dieses einmaligen Gebäudes für das Mammutprojekt Stuttgart 21 zerstört. Wie bei anderen „Umgestaltungsprojekten“ blieb auch hier nur ein Torso übrig. Anstelle des Kopfbahnhofs soll ein Durchgangsbahnhof entstehen, dessen relativ wenige Gleise quer zu den bisherigen Gleisanlagen in einem Tunnel liegen werden.

Während des Baubeginns entstand ein massiver Bürgerprotest, der sich nicht nur gegen den Abbruch richtete, sondern auch wirtschaftlich, ökologisch, technisch und sozial begründet war. Die Verantwortlichen von CDU, SPD, FDP und DB AG ließ das kalt: trotz eines angeregten Moratoriums und der Einwände der Architekten-Nachfahren wurde am 25. August 2010 die Fassade des Nordflügels zerstört. Der Krieg hatte dies nicht vermocht. Nachdem am 30. September 2010 im nahe gelegenen Schlossgarten ein Polizeieinsatz gegen demonstrierende Schüler stattfand, der einer Demokratie unwürdig war, kam es zu einem Schlichtungsverfahren unter Leitung des CDU-Altpolitikers Heiner Geißler. Unter der 2011 gewählten neuen grün-roten Landesregierung kam es am 27. November 2011 zu einer Volksabstimmung, bei der sich die Stuttgart-21-Gegner nicht durchsetzen konnten. 2012 wurden mit dem Abbruch des Schlossgartenflügels und eines Teils der ehemaligen Bahndirektion Fakten geschaffen.